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Birgit Stecher versucht, nach ihrem 4. Freiwilligeneinsatz im Kinderdorf, ihre Erfahrungen, Gefühle und Eindrücke zu beschreiben:

Das Lächeln wächst....
Nach sieben Wochen Little Smile weiß ich eines mit Gewissheit: Zeit ist relativ!

Denn wenn ich jetzt manchmal mein Tagebuch durchblättere scheint es mir fast unmöglich, was in dieser „kurzen“ Zeit alles passiert sein soll. Und obwohl ich inzwischen ja schon 4 Mal in Little Smile war, bin ich wie bei meinem ersten Besuch von einer Überraschung in die nächste gestolpert. Natürlich war das Wiedersehen nach acht Monaten ein bisschen wie nach Hause kommen, da mir ja die meisten Kinder, die meisten Angestellten und auch die Umgebung schon vertraut waren, aber trotzdem stand ich oft total verwundert da, chancenlos mein Erstaunen über die vielen Veränderungen in Worte zu fassen.

Es gäbe so unendlich viele Beispiele aufzuzählen, wie die neuen Gebäude in Little Smile, oder die neuen Angestellten, auch 7 neue Kindergesichter waren auf einmal da, die ich noch nicht kannte. Es ist schon wirklich erstaunlich, in welchem Ausmaß und wie vielschichtig Little Smile selbst innerhalb eines knappen Jahres gewachsen ist.

Aber eigentlich sind es nicht diese offensichtlichen Veränderungen, die sprachlos machen – im Gegenteil, all diese Dinge, die man an der Größe oder der Anzahl messen kann, sind auch mit einem Fotoapparat oder mit einer Filmkamera einzufangen und man kann sie auch hier in Deutschland zeigen.

Viel schwerer ist es jedoch, diese kleinen, unscheinbaren Veränderungen zu beschreiben, bzw. anderen die eigene Verwunderung begreiflich zu machen, wo man oberflächlich betrachtet nichts Außergewöhnliches erkennen kann.

Aber wie hätte ich die vertraute Atmosphäre einfangen können, die auf einem Baumhaus zwischen mir und drei Jungen entstand, während sie mir Geschichten über sich erzählt haben? Natürlich waren das „nur“ zwei Stunden auf einem Baumhaus – aber für mich war es das erste Mal, dass sie mir soviel Vertrauen geschenkt haben um mir von ihrem Leben zu erzählen, bevor sie nach Little Smile kamen.

Wie gerne hätte ich auch den Moment am Tempel festgehalten, als der 13 jährige Nishanta zusammen mit der 5 Jahre jüngeren Nadeeka vor dem Beten die Blätter weggekehrt hat. In seiner fürsorglich aber scherzenden Art hat er sie beim Kehren nicht nur zum Lachen gebracht, sie haben auch zusammen gesungen. Eigentlich auch das nichts Außergewöhnliches, außer man weiß, dass Nadeeka ursprünglich ein „Problemfall“ in Little Smile war, völlig verschlossen und immer allein.

Was würde ich auch darum geben, die positive Stimmung wiedergeben zu können, die in der Küche herrschte, z.B. durch Chithras liebenswürdiges Lächeln, als sie sich müde und total kaputt für einen Milchtee bei mir bedankt hat. Oder durch das lautstarke Lachen von allen vier Erzieherinnen, als wir abends beim Tee endlich die peinlichsten Unterschiede zwischen deutschen und singhalesischen Sitten ausfindig gemacht hatten.....

Obwohl diese Gespräche immer noch mit einfachen Vokabeln geführt wurden - die Verbesserung in ihrem Englisch ist nicht zu überhören und das Bewusstsein für Unterschiede zwischen zwei Kulturen ist ebenfalls ein Fortschritt .

Und so könnte ich noch unendlich fortfahren und viele der Ereignisse, die mich beeindruckt haben, aneinander reihen. In meinem Tagebuch habe ich nun sieben Wochen lang Seite für Seite versucht, so viel wie möglich dieser sichtbaren und unsichtbaren Veränderungen aufzuschreiben. Worüber ich aber im Endeffekt am meisten verwundert bin, das bin ich selbst. Denn bei all den schönen Erlebnissen mit den Kindern, den Erzieherinnen und anderen Menschen in Sri Lanka, gab es auch schwierige und einsame Momente, in denen ich im wahrsten Sinne des Wortes an meine eigenen Grenzen gestoßen bin. Auch wenn solche Erfahrungen im ersten Moment schmerzhaft sind, ist es doch gerade das, was so einen Aufenthalt in einem anderen Land so wertvoll macht, weil man eben nur dadurch mehr mit nach Hause nimmt als nur ein Tagebuch, einen Kamerafilm oder Fotos.