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Bohome Study – Danke

„Wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“. So hat mich als Kind meine Mutter getröstet und viele Jahre später darf ich erleben, wie viel Wahrheit in diesem kleinen Spruch steckt. Das Licht kam in diesen dunklen Tagen zu einem großen Teil von Menschen, von denen ich es gar nicht erwartet hätte, während mich die, denen ich so viel geholfen habe, wie etwa die buddhistischen Mönche, sofort fallen ließen und sich auch einige meiner Mitarbeiter und viele Arbeiter aus Angst absetzten. „Ich kenne diesen Menschen nicht!“ Irgendwie kommt einem das doch bekannt vor.
Ich danke den Medien in Deutschland für die rasche und faire Berichterstattung. Hier dagegen wurden viele Medien wieder einmal instrumentalisiert, es gab eine Vorverurteilung und aus 1,8 Gramm Heroin wurden in allen Medien Sri Lankas 1,8 kg. Zudem steht bis heute ja nicht mal fest, dass in dem Fahrzeug der Hilfsorganisation wirklich Drogen entdeckt wurden, der Fund wurde erst am 31. August, also 14 Tage nach meiner Verhaftung, zur Untersuchung nach Colombo geschickt.
Angeklagt wurde ich und nicht die beiden anderen Erwachsenen im Fahrzeug, weil ich der Fahrer war. Ich leiste mir keinen eigenen Fahrer um Kosten zu sparen, denn das Geld soll den Menschen in Not und nicht meiner Bequemlichkeit zu Gute kommen.

Natürlich ist jede Berichterstattung unvollständig und darum ist es mir wichtig, hier einige der Fragen, die aufgetaucht sind, zu beantworten.

Warum wurde der Erpressungsversuch nicht vorher angezeigt?

Ich habe die Erpressung umgehend, also schon Anfang März 2010 angezeigt, obwohl es sehr schwer war, da sich die Polizei in Koslanda weigerte, eine Anzeige gegen einen Minister aufzunehmen. Ich habe das dann bei der höheren Polizeibehörde in Bandarawella getan und alle Unterlagen auch der Botschaft in Colombo bei einem persönlichen Treffen überreicht. Die Botschaft meinte, sie hätte keine Möglichkeit mir da irgendwie zu helfen, die Unterlagen liegen aber dort.
Warum hat Michael Kreitmeir kein Vertrauen in das Gericht?

Ich habe hier mehrere Prozesse beobachtet und konnte feststellen, mit welcher Willkür Verurteilungen ausgesprochen werden. Wie kann ich einem Gericht trauen, das mich ins Gefängnis steckt, obwohl weder klar ist, dass es sich bei der gefundenen Substanz um Drogen handelt, noch dieser Fund in irgendeiner Weise genau mir zugeordnet werden kann?
Warum bin ich mir so sicher, dass dieser Minister dahinter steckt?

1. Dieser Minister hat mir konkret gedroht und zwar vor vielen seiner Mitarbeiter. Er kann es sich gar nicht leisten, jetzt nichts zu tun da dies einen „Gesichtsverlust“ bedeuten würde. Er könnte dann sein System aus Repression und Angst, mit dem er die Tamilen in vielen Teeplantagen „kontrolliert“, nicht mehr aufrechterhalten.

2. Dieser Minister wurde während des Wahlkampfes von Angehörigen dieser Spezialeinheit bewacht, die mich dann 6 Monate später verhaftet hat. Er ist dafür bekannt, dass er für „seine Leute“ gut sorgt.

3. Er hat bei der Wiedereröffnung des Hindutempels in Koslanda Anfang August vor Geschäftsleuten angekündigt, mit dem Weißen werde es bald vorbei sein.

4. Am Tag nach meiner Verhaftung, als wir das erste Mal vor Gericht mussten, wurde er mit Bodyguards und sein verdunkelter schwarzer Jeep von vielen Zeugen vor dem Gerichtsgebäude in Monaragala gesehen, obwohl er sein Sitz in Badulla und damit etwa 3 Fahrstunden entfernt liegt.

5. Auch mein Manager der Farm Shiran Silva hatte sich den Minister zum Feind gemacht, auch Shiran wurde in der gleichen Nacht unter fadenscheinigen Gründen ebenfalls verhaftet und in ein anderes Gefängnis gesteckt.

6. Die Spezialeinheit, die mich verhaftet hat, hatte absolut nichts in der Region meiner Verhaftung zu tun. Es gab sehr viele nähere Stützpunkte der STF, die Polizeistation war nur 2 Kilometer entfernt. Trotzdem kamen die von weit her, um uns zu jagen. Das lässt sich nur mit einem konkreten Auftrag an genau diese Spezialeinheit erklären. Selbst die lokale Polizei hat dies sehr verwundert.

7. Ganz offensichtlich waren sich die Verantwortlichen dieser Aktion sehr sicher, dass sie Belastendes im Kinderdorf oder der Farm finden. Bei der fast 12stündigen Durchsuchung an der mehr als 30 Personen beteiligt waren, fanden sie jedoch nichts. Nach Aussagen meiner Mitarbeiter dort wurden sie zunehmend verwirrter und am Ende lobte der Einsatzleiter das Projekt als das beste Kinderdorf, das er je gesehen hat. Vermutlich bin ich diesen Leuten als Monster beschrieben worden.
Es gab auch einige wenige Stimmen die meinten, vielleicht habe ich ja doch was mit Drogen zu tun:

1,8 Gramm wurden angeblich gefunden und bisher handelt es sich ja auch nur um eine Behauptung, dass es sich bei dem Fund um Drogen handelt. Gehen wir mal davon aus, dass es Heroin ist, so haben 1,8 Gramm dieses schrecklichen Giftes hier einen Handelswert von etwa 40 Euro!
Meines Wissens kann der Konsum von Heroin bis zu 5 Jahre im Blut nachgewiesen werden. Bisher waren alle meine Versuche eine offizielle Blutuntersuchung zu bekommen, nicht erfolgreich aber irgendwann wird das Gericht das anordnen. Damit wird dann feststehen, dass ich keine Droge konsumiere.
Bleibt der Handel! Können Sie sich vorstellen, dass man mit 1,8 Gramm Heroin genau in die Gegend fährt, in der die meisten Kontrollpunkte sind, nämlich in den Osten Sri Lankas und dass man dann auch noch seinen eigenen Sohn mitnimmt und damit in Gefahr bringt? Und das dann für 40 Euro?
Haben Sie Angst?

Ja, ich hatte Angst um meinen Sohn Manuel, um die mir anvertrauten Menschen, um die Projekte und die Kinder. Ich hatte Angst, dass bestimmte Elemente die Zeit, in der ich weggesperrt bin, nutzen werden, um zu zerstören und sich zu bereichern. Ich war entsetzt über dieses Ausgeliefertsein, die völlige Hilflosigkeit, in die man gestoßen wird wie in ein dunkles Loch. Die ersten beiden Tage im Gefängnis waren nur dunkel. Ich habe nicht damit gerechnet, so schnell wieder aus der Haft frei zu kommen. Ich weiß, dass dieser Minister und seine Helfershelfer nicht aufgeben werden, dass sie weiter versuchen, mir zu schaden, vielleicht sogar mich umzubringen. Für diese Leute ist ein Leben nicht viel wert. Was passiert dann mit den Kindern, den Menschen, die mich brauchen? Das ist derzeit meine große Sorge.
Wie geht es mit Little Smile weiter?

Ich weiß es nicht, weil das nicht in meiner Hand liegt. Im Moment versuchen wir, so viel Normalität wie nur möglich herzustellen, besonders für die Kinder und Mitarbeiter. Ich war gestern, trotz vieler Warnungen, im Ayurveda Lehrkrankenhaus in Buttala, wo der Unterricht nach den Ferien wieder angefangen hat. Im Kinderdorf lassen wir in der Nacht mehr Lichter brennen also vorher, ich sage in jedem Kinderhaus „Gute Nacht“ und versuche Zuversicht zu verbreiten und zu lächeln.
Einige Projekte möchte ich übergeben an andere Institutionen und Organisationen, die stark genug sind, diese Einrichtungen gegen Begehrlichkeiten zu verteidigen und dort sinnvolle Sozialarbeit zu leisten.
Ich werde nicht aufgeben und weiter hier im Land nach Menschen guten Willens suchen, damit ich Verantwortung Stück für Stück abgeben kann.
Liebe Freunde und Weggefährten,

ich bin sehr traurig und unendlich müde. Es gab und gibt hier schon im Alltag, der keiner ist, so viele Schwierigkeiten und Probleme, es ist schwer, all das jetzt auch noch wegzustecken.
Ich wollte mit meinem Sohn, den ich im Jahr nur diese vier Wochen sehe, wenigsten für zwei Tage eine Auszeit nehmen, Momente, wo sich Vater und Sohn wieder näher kommen können. Stattdessen war seine ganze Zeit hier überschattet von Gewalt und Drohungen. Dass Manuel hier war, gerade in dieser kritischen Zeit, war ein großartiges Geschenk für mich und Little Smile. Mit großer Umsicht hat er alles getan, um Struktur in diesen Wahnsinn zu bekommen, hat sowohl an meiner Freilassung gearbeitet als auch daran, dass die Projekte irgendwie weiterlaufen. Von einem Moment auf den Anderen lastete unvorstellbare Verantwortung auf dem 23jährigen und er ist unter dieser Last nicht zusammengebrochen. Ich bin dankbar und stolz auf ihn, auch wenn ich momentan nicht weiß, ob ich ihm ein Leben hier in diesem Land in meiner Nachfolge wünschen, vielmehr zumuten kann.
Im Moment weiß ich nicht einmal, wie es weitergehen soll. Ich habe die Aufmerksamkeit der Mächtigen erregt und genau das wollte ich eigentlich immer vermeiden. Hätte ich irgendetwas anders machen können oder sollen? Würde ich etwas anders machen hätte ich die Wahl? NEIN, denn was richtig ist wird nicht falsch weil man unter Repressionen leidet.
Ich danke ganz besonders der katholischen Kirche in Sri Lanka und den Franziskanern in Deutschland, aber auch die wenigen Franziskaner hier, die sich ohne zu zögern für mich eingesetzt haben.

Die Klosterschwestern aus Kalmunai haben sich sofort auf den weiten Weg gemacht, um mir im Gefängnis Mut zu machen und Trost zu spenden. Dank auch an einige der Mitgefangenen in meiner Zelle, die mir gezeigt haben, wie man hinter Gittern überlebt, wie man mit der Verzweiflung und diesem absoluten Ausgeliefertsein umgeht ohne zu zerbrechen. Großen Respekt habe ich vor der Parlamentsministerin Sumeda, die mich sogar im Gefängnis besucht hat, vor Bawani, der Betreuerin, die sich für mich opfern wollte, vor Saradha, die sich mit nur 24 Jahren schützend vor die Kinder stellte und das obwohl man sie bedroht hat und vor nicht einmal einem Jahr ihr Bruder in Colombo von Polizisten ertränkt worden war, vor den Kindern von Little Smile, die sich nicht einschüchtern ließen und die mich getröstet haben durch ihre Liebe.

Auch wenn es natürlich auch Menschen gab, die versucht haben die Notlage auszunützen, wie der von der Deutschen Botschaft empfohlene Anwalt, der für zwei Tage „Arbeit“ und ein 5 Minutengespräch mit mir fast 5000 Euro in Rechnung gestellt hat, wobei durch sein Engagement rein gar nichts erreicht wurde, so haben wir doch überwiegend viel Zuspruch, Vertrauen und Unterstützung erfahren. Dafür möchte ich einfach hier DANKE sagen.

Es geht wirklich um mehr als um mein Schicksal, sogar um mehr als um die Zukunft von Little Smile. Es geht letztlich darum, ob Hilfsorganisationen in Ländern wie Sri Lanka im Sinne der Spender arbeiten können. Ich kann und will nicht einfach nur den Schein wahren, damit der Spendefluss nicht versiegt! Es ist meine, es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass das Geld und zwar jeder Euro, dahin kommt, wofür er gegeben wurde. Und wenn das nicht möglich ist müssen wir den Mut haben, das auch zu sagen und den Begehrlichkeiten entgegentreten.
Ich habe viel, sehr viel gelernt in diesen Tagen und ich habe erlebt, wie es aussieht hinter Mauern, hinter die niemand blicken kann und will. Falls ich hier weiter helfen kann werde ich versuchen, gerade auch den Menschen zu helfen, die man weggesperrt hat, viele ohne eigene Schuld, denen man alles genommen hat und die doch Menschen sind mit Angst und Hoffnung, mit Sehnsucht und Liebe.

Ja, es stimmt schon, die Hoffnung stirbt zuletzt und es gibt Grund zur Hoffnung. Der Präsident Sri Lankas, Mahinde Rajapakse, wird im Ausland, gerade auch in Europa und Deutschland, oft missverstanden. Er will ein anderes Sri Lanka, er will die Korruption und Schlamperei, die Gleichgültigkeit und Verschwendung im Land bekämpfen. Viele glauben ihm das nicht aber doch kam meine Freilassung nur auf höchsten Befehl zustande und das bevor über meinen Fall in den Medien berichtet wurde. Es ist meine Hoffnung, die mich aufrecht hält, dass die wirklich Mächtigen im Land uns die Hand reichen und die Möglichkeit geben, weiter gemeinsam an einem Sri Lanka zu bauen, ohne Angst und Gewalt, ohne blinde Zerstörung und Misstrauen. Es ist ein langer Weg aber wer sich nie auf den Weg macht, kommt auch Nirgendwo hin.

Danke an meine Familie in Deutschland, meine Geschwister, die Unterstützer und Freunde, danke an Michele und Uli für ihren unermüdlichen Einsatz am Computer, danke, an Alle, die mir die Hoffnung gegeben haben, dass das, was ich seit mehr als 10 Jahren tue, Sinn stiftet,
Danke, dass sie mein, dass sie unser Licht waren in großer Dunkelheit

Ihr

Michael Kreitmeir

WAS KANN MAN JETZT TUN, WIE KANN MAN HELFEN?

Vergessen Sie uns nicht, auch wenn es bald andere Schlagzeilen geben wird. Denken Sie immer daran, dass Gutes möglich ist, wenn man es tut. Man kann Menschen einsperren, man kann Häuser niederbrennen und die Kinder in alle Winde verjagen. Aber niemals wird man die Liebe zerstören können, die durch Little Smile in die Herzen vieler Menschen hier Einzug gefunden hat. Glauben Sie daran, dass eine bessere Welt möglich ist, wenn JEDER bei sich selbst anfängt und dass kein gutes Wort, keine gute Tage jemals verloren geht. Tun Sie etwas, da wo sie sind, damit auf vielen kleinen Lächeln eine Welt entsteht, in der Freude gelebt wird, die Freude der Hoffnung, des Vertrauens und der Liebe. Wenn ich, wenn Little Smile, dazu einen kleinen Beitrag leisten kann, dann hat sich jeder Einsatz, jedes Opfer gelohnt. Überprüfen Sie genau, für wen oder was sie spenden, damit das Gute, das man tut, auch wirken kann.