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Das Wunder von Sri Lanka

 „Zwickt‘s mi, I glaub I träum!“ Aber dann macht man die Augen zu und wieder auf und es ist wahr! Sri Lanka hat seinen ersten Heiligen, worauf zumindest die Minderheit der Katholiken 300 Jahre gewartet hat. Fast 1 Million Sri Lankaner wollten dabei sein als Papst Franziskus den konvertierten Brahmanen Joseph Vaz am 14. Januar in Colombo heiligsprach. Sechs Autostunden entfernt, bei uns in den Bergen der Uva Provinz gibt es freilich kaum Katholiken und so war der neue Heilige den Meisten hier ziemlich egal. Mit Erstaunen dagegen erlebten die Menschen in Franziskus einen Papst zum Anfassen, jemand der sich Zeit nimmt für die einfachen Menschen und sich nicht auf Schritt und Tritt abschirmen lässt. Klar, als Papst muss er zur Versöhnung aufrufen in einem immer noch durch den langen Bürgerkrieg zerrissenen Land, auch wenn 2009 die tamilischen Separatisten vernichtend geschlagen wurden. Aber dass er das an einem Ort tut, an dem 1999 zahlreiche Flüchtlinge Schutz gesucht haben, im Marienwallfahrtsort bei Madhu und trotzdem viele von Ihnen abgeschlachtet wurden, dass er da klare Worte findet, das lässt die Menschen aufhorchen in einem Land, in dem freie Meinungsäußerung bis vor wenigen Tagen gefährlich war. Der buddhistische Mönch eines befreundeten Klosters kommt vorbei, will mehr über den Papst wissen. Er ist beeindruckt davon, dass dieser mächtige Mann so bescheiden auftritt, sogar milde lächelt als ein buddhistischer Mönch provokativ sitzen bleibt als der Papst in seine Nähe kommt.


Am zweiten Tag des Papstbesuches haben alle Kinder schulfrei, viele Geschäfte bleiben geschlossen. Auf allen Fernsehkanälen, Franziskus und nicht mehr wie bisher politische Abrechnung. Der Papst spricht viel von gemeinsamen Werten, von Respekt und dem Recht der Menschen frei zu sein, auch bei der Wahl ihrer Religion, keine Spur davon, dass er Buddhisten konvertieren will, umgarnen, einfangen, so wie im Vorfeld oft kritisiert.


Das wirklich Einmalige aber ist, dass der Besuch von Franziskus, gerade mal 5 Tage nach dem völlig überraschenden Machtwechsel, tatsächlich friedensstiftend ist. Man hatte so viel mit dem bevorstehenden Besuch des Papstes und dann mit einer perfekten Durchführung zu tun, da bleibt gar keine Zeit für Ausschreitungen und Gewalt, für Abrechnung und Vergeltung. Und dann tauchen sogar die auf, die vorsorglich untergetaucht waren, in der Nähe des Papstes fühlten sie sich sicher und waren es auch. Er reicht beiden Präsidenten die Hand, dem alten und dem neuen. Sein Appell Schuld einzugestehen und sie dann aufzuarbeiten als wichtige Voraussetzung für Versöhnung, er wird im Land viel beachtet und sogar bei uns auf dem Land diskutiert.


Nie zuvor bekam ein neuer Regierungschef nach nur 5 Tagen im Amt Besuch vom Oberhaupt der größten Gemeinschaft dieser Erde. Viele, auch mein buddhistischer Mönchsfreund, verstehen dies als höheres Zeichen, dass die neue Regierung unter einem guten Stern steht, dass sie nun auch verpflichtet ist, den Weg zu Aussöhnung und der Rückgabe persönlicher Freiheiten in Sri Lanka zu gehen, dieser gute Start macht Hoffnung.
Der Morgen des 15. Januar, am hinduistischen Festtag Thai Pongal. Ich bin gerade mit allen Mitarbeiterinnen und Kindern oben auf dem Berggipfel, wir haben beim ersten Strahl der Sonne das Feuer entzündet, für das Leben, unser Leben und das aller anderen Kreaturen gedankt, da läutet mein Telefon. Unser Bischof Winston Fernando ist dran, müde und glücklich: „Michael, dieser Papstbesuch war ein Wunder, so heilend und versöhnend, er war ein großer Segen für unser Land in einer schwierigen Zeit!“ Ich schaue in die aufgehende Sonne, ihre Strahlen wärmen, ich spüre Zuversicht nach langer Dunkelheit.