Immer wieder diese Frage: „Wo nimmst du eigentlich die Kraft her, immer und immer wieder aufzustehen?“ Tja, woher eigentlich? Kann man schier unendlich aus der liebevollen Geborgenheit einer glücklichen Kindheit schöpfen, ist es der Glaube an etwas Höheres, Größeres oder doch der Moment, in dem man Kindern das Lächeln zurückgibt? Der Preis, den ich für dieses Leben hier bezahlte ist hoch, sehr hoch. Alles, was mir einst lieb und vertraut war ist so weit weg, dass es mir vorkommt, als hätte ich das alles nur geträumt. Seit meine Eltern gestorben sind, mein Geburtshaus verkauft, ist das, was ich einst Heimat nannte, noch weiter weg. Mir fällt die Liedzeile ein: „Die Jungen san alt worn – und die Alten san gstorm!“ Ich bin weggegangen als Junger, zumindest habe ich mich so gefühlt, voller Kraft, Zuversicht und dem Willen, in einem von Bürgerkrieg und großer sozialer Ungerechtigkeit zerrüttetem Land, etwas zu bewegen, zu verändern und zwar bei denen, die Zukunft sind, bei Kindern. Dafür musste ich viel aufgeben, sehr viel. Wer nie Fremder war, nie Zielscheibe von Vorurteilen und Argwohn, zuweilen sogar Ablehnung und Hass, wer glaubt, ich würde leben wie die Touristen, akzeptiert auf Zeit und angenommen als Einnahmequelle, der wird nie hinter die Fassade einer inszenierten Urlaubswelt blicken, Trugbild für diejenigen, die sich das Geldausgeben für einige Wochen verdient haben und die dafür sorgen, dass einige Menschen überwiegend schlecht bezahlte Jobs haben und wenige noch reicher werden.
Oft habe ich mich gefragt, warum man als Leiter einer sozialen Einrichtung meist angefeindet wird während man als Investor, der das niedrige Lohnniveau nützt, um seinen Reichtum zu vermehren, überwiegend willkommen ist?
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Angst vor der alten Heimat Gedanken Ende April 2023 vor dem ersten Besuch in der alten Heimat Deutschland seit 5 JahrenWieviel Misstrauen, Argwohn und offene Feindseligkeit musste ich überwinden, wie oft wurde ich belogen und betrogen und wurde über mich und das, was ich hier tue, gelogen? Warum waren es gerade die Menschen, denen ich viel geholfen habe, die ich rangelassen habe an mich, von denen ich glaubte, sie wären Teil meines Lebens für Kinder in Not, ja sogar Freunde, warum waren es gerade die, die nur ihren Vorteil gesucht haben, mich und Little Smile verraten haben? Warum war die Kluft zwischen den Einheimischen und dem Deutschen, der kam, um Gutes zu tun, letztlich unüberbrückbar? Wenn Vertrauen zu einem gefährlichen Fehler wird, was bleibt dann? Dass ist nicht der Einzige bin, der so etwas erleidet, nicht die Ausnahme, sondern die Regel, kann nicht trösten.
Ich habe die Menschen in meinem einstigen Leben in Deutschland ja nicht nur mal kurz verlassen, wie bei einem Selbstfindungstrip oder einem Sabbatjahr. Die Jahre sind vergangen, das einst Vertraute und ich in so unterschiedlichen Welten, zwei Jahrzehnte vergingen und immer öfter kam die Nachricht aus der Heimat, dass dieser und jener nicht mehr ist, gestorben, Schatten der Erinnerung was sich so real anfühlt. Zunächst waren es die Lehrer, die der Schule und des Lebens, dann die Onkel, Tanten, die eigenen Eltern. Spätestens da kamen quälend Zweifel: Hätte ich nicht doch besser mehr Zeit mit ihnen verbracht als hier gegen Windmühlen zu kämpfen, Zeit, die nie zurückkommen wird. Irgendwann dann stellt man bei den immer seltener werdenden Besuchen in der alten Heimat erschrocken fest, dass man nun mehr Menschen kennt, die auf dem Friedhof liegen als Menschen, die durch die Straßen laufen. Und irgendwann erschreckt einen das nicht einmal mehr und das ist das eigentlich erschreckende. Die Welt, die man vor fast einem viertel Jahrhundert verlassen hat ist nicht mehr die in der eigenen Erinnerung. Da hilft auch keine Flucht ins historische Eichstätt, den Ort meiner Geburt und Jugend, in die Willibaldsburg, den Kreuzgang des Domes oder unter mächtige Bäume im Hofgarten.
Die Zeitlosigkeit dieser Orte spendet nur kurz Zuflucht, die Welt hat sich auch in dieser kleinen Barockstadt verändert, weil sich die Menschen verändern. Noch kennt man einige und wird von einigen erkannt, noch. Unweigerlich wird man zum Außenseiter, zum Fremden! Ich erinnere mich an meine Verwirrung bei einem Heimatbesuch, als ich den Wechsel von der deutschen Mark auf den Euro im Bürgerkrieg Sri Lankas verpasste. Die Bäckerin hat mir geholfen die richtigen Münzen zu finden, lächelte milde über meine Verwirrung, dass ich für eine Währung, die angeblich doppelt so viel wert war, genauso viel zahlen sollte wie vorher in Mark.
Ich wollte meine Heimatstadt Eichstätt nicht verlieren, für mich stand außer Frage, dass ich hier das Büro von Little Smile eröffnen würde und nicht, wie von meinem Sohn angeboten, in Heidelberg. Zweimal kam ich nach Hause zu Beerdigungen und trug mit meiner Mutter 2007 und meinem Vater 10 Jahre später ein gewaltiges Stück meines Zuhauses zu Grabe. Meine Söhne waren weggezogen, in den Häusern, die einst geografisches Zuhause waren, leben Fremde. Fast fünf Jahre habe ich die Insel Sri Lanka nicht mehr verlassen, war die überwiegende Zeit im Bergurwald damit beschäftigt, Probleme zu lösen, Not zu lindern, Tag für Tag aufs Neue. Und dann kam Corona. Für uns im Dschungel änderte sich nicht viel, das Kinderdorf ist groß, riesig, mehr als 100 Menschen leben da, wir waren uns selbst genug, hatten, dank der Weitsicht von Anka Blank, ausreichend Vorräte. Nicht reisen zu können war keine Einschränkung. Unvorstellbar, unser Leben in Little Smile mit dem Weggesperrtsein, sozialer Isolation und Vereinsamung fast überall auf der Welt zu tauschen. Ich hörte, wie sich das Leben auch in Bayern veränderte und konnte es mir doch nur schwer vorstellen. Ich sah die Bilder menschenleerer Zentren, hörte, dass man nur noch mit einem Hund nach draußen durfte und konnte das doch nicht begreifen. Zur Fortsetzung hier klicken.
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