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Sri Lanka - das wiedergefundene Paradies ?

Manchmal möchte man einfach nur ganz laut schreien: Hört doch endlich auf mit diesen Verallgemeinerungen!
Auf meine alte Heimat, Deutschland bezogen: Wer flüchtet wird dadurch weder gut noch böse, er bleibt wer oder was er oder sie war, zumindest wenn er/sie sich nicht ändert.

Auf Sri Lanka bezogen: Wie kommt ihr darauf, dass diese Insel ein Paradies ist? Wegen der Strände und weil ihr hierher kommt, um Geld auszugeben? Ich sehe im Internet Drohnen über Berge und Teeplantagen fliegen, alles so wunderbar grün hier. Menschenleere Strände, freundliche Fischer, winkende Teepflückerin, lachende Straßenverkäufer, badende Elefanten, frei und glücklich natürlich, im Paradies eben, Sri Lanka erwartet euch.
Vorgestern habe ich einen guten alten Bekannten gefunden. Er kam immer ohne Einladung, ließ sich weder von Zäunen noch Zurufen beeindrucken, hat manchmal mit seiner Sippschaft großen Schaden hinterlassen, das letzte Mal knapp 80 zerstörte Mangobäume in Buttala. Und doch habe ich ihn gleichermaßen bewundert und bemitleidet. Bewundert wegen seiner Größe und seinem unbeugsamen Freiheitswillen, bemitleidet, weil für ihn und seinesgleichen einfach kein Platz mehr ist im neuen Sri Lanka, zumindest nicht in Freiheit. Und nun hat mir jemand gesagt, er sei tot und hat mich zu dir geführt. Ich will die Einschüsse gar nicht zählen, wer so stark ist stirbt nicht leicht. Und wieder geht für mich ein Stück von dem Sri Lanka verloren, das ich liebe.
Einen Tag später ist deine Herde wieder bei uns in Buttala. Die Tiere sind durcheinander, vermutlich haben sie deine Ermordung miterlebt. Ich lasse die lärmenden Bauern, die hinter euch her sind, nicht auf unser Land, das leider nicht groß genug ist, um euch dauerhaft Zuflucht zu bieten. Acht Elefanten, davon ein Baby und zwei kleine, die in Freiheit wohl nie mehr erwachsen werden. Es tut mir so leid, ich kann euch nicht beschützen, euch nur eine kurze Verschnaufpause schenken auf einer ständigen Flucht.

Wohin sollen sie gehen, überall sind Elektrozäune, die Entwicklung verbraucht Land, viel Land, ihr Land. Ein Leben in den Nationalparks, ständig umgeben von Touristenjeeps, an Ketten in Tempeln, als Attraktion in einem berühmten Freilandzoo? Das ist die einzige Zukunft, die Elefanten in Sri Lanka haben, aber sie wissen das nicht und darum werden sie weitersuchen, ihr verlorenes Paradies, bis auch sie geknechtet oder getötet werden.
O Gott, sie sind zurückgekommen, heute Nacht. Nichts und niemand konnte und wollte sie aufhalten. Warum rächen sie sich an den Falschen? Wir haben ihnen nie was getan, im Gegenteil. Sie kamen, um zu zerstören, nicht eine der so mühsam durch zahllose Trockenperioden gebrachten Kokosnusspalmen haben sie übriggelassen, rausgerissen, regelrecht zerfetzt.
Zehn Jahre haben wir gebraucht, unendlich viel Mühe und nicht unerhebliche Kosten haben in der Steppe ein kleines Paradies entstehen lassen mit drei Seen, die in der Regenzeit aufgefüllt unsere Pflanzen durch die Dürren gebracht haben. Endlich war es so weit, 2016 wollten wir uns ein wenig zurücklehnen, zumindest in Buttala, die Energie noch mehr in unsere Ayurvedaschule dort stecken. Zuerst wurden die Mangoplantagen heimgesucht, dreimal, bis alle Bäume, die Früchte getragen hatten, zerfetzt am Boden lagen. Schon damals hatte es auch einige der Plamen erwischt, die wir gepflanzt hatten, um die Stauseen vor der sengenden Sonne zu schützen. Heute Nacht aber war es anders, da ging es nicht um Futter oder um Flucht, heute Nacht haben die Elefanten zurückgeschlagen. Wir sind nicht die Einzigen aber uns hat es am Schlimmsten erwischt, weil wir mehr, viel mehr reingesteckt hatten, um diese Wüste zum Blühen zu bringen. Saradha, meine Leiterin dort, hat kaum Stimme, stammelt am Telefon nur: Lokuthaththa komm nicht, es sieht so schlimm aus, tut so weh!
Unsere Nachbarn schütteln den Kopf über meine Dummheit. Das hat er nun davon, dass er die Elefanten beschützt hat. Sie wissen keinen Weg mehr, drohen Alles zu verlieren. Das Leben eines Farmers ist auch ohne diese Tiere schon schwer genug. Das Wild Life Departement, der Staat, niemand hilft, Wildschaden wird nicht ersetzt. Die Stimmung ist gereizt, niemand spricht es aus, aber jeder hier weiß: Die oder wir! So oder so, der Traum ist ausgeträumt, es gibt kein Paradies, nicht für die Elefanten und auch nicht für die Bauern, die Tagelöhner und ihre Familien.
Also liebe Besucher, genießt euren Urlaub auf dieser tropischen Insel, das geht absolut in Ordnung, aber glaubt mir, in einem Paradies gibt es nicht so viele, Menschen wie Tiere, die ums Überleben kämpfen müssen, Tag für Tag.